Goethe an Hafis – Teil 5

Weiterhin geht es um das Goethe-Hafis-Verhältnis bzw. um Goethes Rezeption der persischen Dichtkunst anhand von Hafis und seinem Divan aus knapp 500 Ghaselen. Diesmal übersetze ich das zweite der zwei Gedichte mit dem Titel „Fetwa“ – ein religionsrechtliches Gutachten – im zweiten Kapitel des West-östlichen Divans, das sog. „Hafis Nameh“. Die Übersetzung ist wie immer hier mit wenigen Ausnahmen zeilen- und wortgetreu gehalten. Anders als sonst habe ich aber diesmal bei der Übertragung auf die Besonderheiten des Reims geachtet und diese mit in die Übersetzung fließen lassen.

Fetwa.

Der Mufti las des Misri Gedichte,

Eins nach dem andern, alle zusammen,

Und wohlbedächtig warf sie in die Flammen.

Das schöngeschriebne Buch es ging zu nichte.

Verbrannt sei jeder, sprach der hohe Richter,

Wer spricht und glaubt wie Misri — er allein

Sey ausgenommen von des Feuers Pein:

Denn Allah gab die Gabe jedem Dichter.

Misbraucht er sie im Wandel seiner Sünden,

So seh´ er zu mit Gott sich abzufinden.

فتوا

خواند مفتی اشعار مصری را

تک تک و تا انتهای هر یک شان

و با طمأنینه به شعله های آتش سپردشان.

و نیست کرد آن کتاب شیوا با زبانی زیبا را.

قاضی والامقام بگفت هرآن کس بسوزد در آتش 

که چون مصری سخن بگوید و باور بدارد، لیک تنها او است

که از عذاب آتش در امان است:

زیرا خداوند است که بخشیده به هر شاعری نعمتش.

و اگر شاعر گنهکار زمانه کند ناشکری ز نعمت خدای

پس باشد خود او تنها در معامله ای پایاپای با خویش خدای.

Von Goethe, Johann Wolfgang: West-oestlicher Divan. Stuttgart 1819, Joseph Kiermeier-Debre (Hrsg.), 4. Auflage, München: dtv, 2016.


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