Über die Nationalhymnen der persophonen Länder – mit Blick auf die Hymne Tadschikistans

Im Anschluss an den Artikel aus der letzten Woche möchte ich heute den Inhalt der tadschikischen Nationalhymne analysieren. Und nächste Woche werde ich diese Beitragsreihe mit einer vergleichenden Inhaltsanalyse aller drei Staatshymnen fortsetzen.

Der Text der tadschikischen Nationalhymne besteht aus insgesamt 18 Versen, von denen der den Titel bildende Vers als Refrain dient und dreimal am Ende jeder Strophe vorkommt. Er lautet: „Зинда бош, эй Ватан, Тоҷикистони озоди ман!“ („Sei langlebig, oh Heimat, mein freies Tadschikistan!“). Darin werden drei Kernelemente der tadschikischen Hymne hervorgehoben, erstens die Idee der Unvergänglichkeit im Imperativsatz „Зинда бош“ („Sei langlebig“), zweitens die Idee des Vater- bzw. Mutterlands im Wort „Ватан“ („Heimat“) und drittens der Landesname und die Titularnation „Тоҷикистони“ („Tadschikistan“). 

Von den genannten Elementen wird in den drei Strophen das Element der Unvergänglichkeit am meisten sprachlich realisiert, während die anderen zwei Elemente – also Landesname und Heimat – in den Strophen ideell allgegenwärtig sind. Bevor eine Liste der Wörter und Ausdrücke rund um die Unvergänglichkeit der Heimat der Tadschiken aus dem Hymnentext zusammengetragen wird, möchte ich zuerst zwei Punkte bezüglich der oben erwähnten Kernelemente Landesname und Heimat festhalten:

Zur Idee der Heimat: Der Hymnentext beginnt mit einer Äquivalenz für das deutsche Wort Heimat, das im Tadschikischen in der Regel mit „Ватан“ oder „меҳан“ übersetzt wird. Der einleitende heimatbezogene Vers lautet nämlich: „Диёри арҷманди мо“ („Unser teuerstes Land“). Im Zusammenhang mit der patriotistischen Idee des Vaterlandes – Betonung auf Vaterfigur – ist übrigens zu beachten, dass wie im Persischen („مام وطن“ oder auch „سرزمین مادری“), auch im Tadschikischen das Konzept der Heimat als Mutterfigur versprachlicht wird: Die dritte und letzte Strophe beginnt mit dem Vers „Ту модари ягонаӣ“ („Du bist die einzige Mutter“).   

Zum Landesnamen: Außer im dreifachen Refrain taucht der Eigenname Tadschikistan nicht nochmals auf. Im Refrain kommt der Landesname mit dem Attribut „озод“ („frei“) vor, während die dahinterstehende Idee der politischen Freiheit in den drei Strophen kaum realisiert wird.

Zur Idee der Landesunvergänglichkeit: Im Folgenden sind die Stellen im Hymnentext (bis auf den Refrain) aufgelistet, die die Unvergänglichkeit Tadschikistans thematisieren.

Strophe 1, Vers 4: „Зи дурии замонаҳо расидаем“ („Aus der Ferne der Zeiten sind wir angekommen“)

Strophe 2, Vers 2: „Ту аз умеди рафтагони мо нишонаӣ“ („Für die Hoffnung unsrer Vorfahren bist du ein Symbol“)

Strophe 2, Vers 3: „Ту баҳри ворисон ҷаҳони ҷовидонаӣ“ („Für die Nachfahren der Welt bist du unsterblich“)

Strophe 2, Vers 4: „Хазон намерасад ба навбаҳори ту“ („Der Herbst erreicht nicht deinen Frühling“)

Strophe 3, Vers 2: „Бақои ту бувад бақои хонадони мо“ („Deine Fortdauer, die Fortdauer unsres Volkes“)

Strophe 3, Vers 5: „Ту ҳастиву …“ („Du [bist] unser Dasein und …“)

Fazit: Zwar handelt der Hymnentext offensichtlich vom Land Tadschikistan als Titularnation und von der Heimat der Tadschiken – diese beiden Elemente werden auch im Refrain eindeutig genug markiert, – aber in den drei Strophen erscheint die Idee der Unvergänglichkeit und Unsterblichkeit der Heimat der Tadschiken als das sprachlich dominante Element in einer eindeutig patriotistisch-nationalistischen Nationalhymne. Bemerkenswert ist, dass trotz der klaren patriotistisch-nationalistischen Stimmung im gesamten Text, im allerletzten Vers des Hymnentextes – vor dem dritten Refrain – die ganze Welt als Freund der Tadschiken erkannt wird. Das Letztgenannte ist nämlich ein sozialistisch-kommunistisches Element aus der sowjetischen Ära, in welcher auch von der Völkerfreundschaft, insbesondere der zwischen den Sowjetvölkern die Rede war, wie auch ein Blick auf den Refrain der sowjetischen Hymne rasch bestätigt.

Quellen: Hymne der Republik Tadschikistan; Hymne der Sowjetunion


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